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"Was aus MTV wurde, ist leider ein Trauerspiel"


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"Was aus MTV wurde, ist leider ein Trauerspiel"

t-online, LS

Aktualisiert am 28.07.2011Lesedauer: 3 Min.
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Es revolutionierte das Musikgeschäft und begleitete Generationen von Musikern und Jugendlichen: MTV. Vor 30 Jahren, am 1. August 1981, war der Musiksender in den USA gestartet. Es folgten MTV-Europe 1987 und MTV-Germany 1999. Doch dann verabschiedete sich MTV Ende 2010 - jedenfalls in Deutschland - sang- und klanglos ins Bezahlfernsehen. Sind 30 Jahre MTV dennoch ein Grund zum Feiern? "Ja und nein", sagt Ingo Schmoll, von 1993 bis 1996 Moderator bei dem Sender.

"Bezogen auf das, was aus MTV wurde, ist es für mich kein Grund zum Feiern. Bezogen auf das, wie MTV damals gestartet ist, schon. MTV war damals revolutionär - fürs Fernsehen, für die Musik, für die Videos, für die Kunst und die Popkultur die daraus entstanden ist. Was daraus wurde, ist leider ein Trauerspiel", so der 41-Jährige im Interview mit t-online.de. Im Alter von 23 Jahren ging Schmoll zu MTV nach London. Als zweiter deutscher VJ nach Kristiane Backer. Moderiert wurde auf Englisch.

Popkultur aus der Pop-Hauptstadt Europas

"MTV-Europe war ein Community-Gedanke. Man hat aus London ein Programm für ganz Europa gemacht", erzählt Ingo Schmoll. "Popkultur aus der Pop-Hauptstadt Europas zu zeigen, war etwas ganz Besonderes und neu." Egal ob in Großbritannien, in Deutschland, Schweden oder Italien - überall waren dieselben Moderatoren zu sehen, liefen dieselben Videos. Und die waren das Herz des Senders. Immer mehr, immer neue Clips wurden produziert. Eine eigene Kunstrichtung entstand und brachte so legendäre Videos wie die zu Michael Jacksons "Thriller", A-has "Take On Me" oder Peter Gabriels "Sledgehammer" hervor. Und die Ansager dieser Videos, mittlerweile VJs genannt, wurden bald ebenso populär wie die Stars aus der Musikszene. "Man hatte einen Popularitätsstatus und bekam den auch zu spüren", erinnert sich Ingo Schmoll, dessen Lieblingsvideo "Wild Boys" von Duran Duran ist - ebenfalls ein Meilenstein dieser Kunstform.

Kermit der Frosch sorgte für Trubel

Der Popularität der Musiker, die tagtäglich im MTV-Studio im Londoner Stadtteil Camden ein und aus gingen, begegneten die Senderangestellten mit Distanz. "Selbst wenn Weltstars wie Prince oder Kiss im Haus waren, guckte man zwar mal, wer heute zu Gast ist. Aber in der Regel nahm man das doch ziemlich cool auf und kümmerte sich nicht weiter drum", weiß Ingo Schmoll. Nur zweimal während seiner Zeit beim Sender sah er die sonst so coolen MTVler völlig aus dem Häuschen geraten. Das erste Mal, als der Puppenspieler mit Kermit dem Frosch kam. "Da stand der Laden plötzlich Kopf. Alle standen Schlange um ein Foto mit Kermit zu bekommen." Beim zweiten Mal trieb eine Wasserleiche im Kanal hinter dem Bürogebäude.

Konkurrenz und Krise

Der Musikkanal trieb Mitte der 1990er in seine erste Krise. In Deutschland hatte MTV seit 1993 durch Viva Konkurrenz bekommen. Zudem wurde der Empfang von MTV ab Juli 1995 kostenpflichtig, was die Marktanteile des Senders völlig einbrechen ließ und Viva zum Marktführer in Deutschland machte. 1997 wurde der kostenpflichtige Empfang wieder eingestellt und mit der Regionalisierung der Programme begonnen. Waren es anfangs nur drei Stunden pro Tag, ging 1999 MTV-Germany mit einem komplett deutschsprachigen Programm auf Sendung. Und neben Videoclips kamen nun immer mehr TV-Serien und andere Formate auf den Bildschirm. Als 2005 die MTV-Muttergesellschaft Viacom den Konkurrenten Viva kaufte und beide Musiksender inhaltlich neu ausrichtete, war vom Musikfernsehen in seiner ursprünglichen Form nichts mehr übrig. Fünf Jahre später verschwand MTV erneut im Bezahlfernsehen.

"Es ging nur noch ums Geschäftliche"

Für Ingo Schmoll begann der Anfang vom Ende MTVs aber schon früher: "Bergab ging es meiner Meinung nach mit der Regionalisierung. In Deutschland hatte man plötzlich mit Viva einen Konkurrenten. Und von da an ging es nur noch um Strategien. Nicht mehr um das Ideal des Programms sondern nur noch ums Geschäftliche. Dann hat man diese Klingeltonwerbung eingeführt - ganz schlimm! Als nächstes kamen amerikanische Reality-Formate. Weder originell noch kulturell nach Deutschland passend."

Live-Musik statt Videoclip

Das Ende des Musikfernsehens sieht Ingo Schmoll deswegen aber noch nicht gekommen. "Es hat eine Zukunft, aber in anderer Form, zum Beispiel als Konzertmitschnitt. Musik ist als Live-Erlebnis viel interessanter geworden als ein Videoclip", findet der Experte, der seit 2009 beim WDR-Rockpalast für eben solche Produktionen zuständig ist. Als Plattform für Videos hat das Internet die Musiksender längst abgelöst. "Video Killed The Radio Star" war 1981 der erste Clip, den MTV ausstrahlte. Den "Radio Star" hat das Video nicht gekillt. Das klassische Musikfernsehen jedoch ist tot.

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